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Artikel / Berichte

Naya-Blitz ist tot, es lebe RG-Aggro?
Magic Karten Beobachtungsliste 
Henning Kurella
12.07.2013
Wie jetzt, wo ist der Unterschied und warum ist Naya-Blitz auf einmal tot?
Nun, zunächst einmal ist das schon sehr übertrieben ausgedrückt, muss ich zugeben, aber dass seit einigen Wochen immer weniger Naya (Rot/Grün/Weiß) und immer mehr Rot-Grün gespielt wird, ist unbestreitbar. Das möchte ich in dem heutigen Artikel ausführlich erklären.

Als Erstes werde ich aber wieder auf vergangene Artikel verweisen. Da wäre der Leitartikel zu Naya-Blitz von Felix Rau. Er hat das Deck zwar nicht erfunden, aber einen sehr guten, der Zeit entsprechenden Artikel darüber geschrieben. Ebenso hat Owen Turtenwald vor Kurzem einen Artikel zu Naya-Blitz verfasst. Wer auch mit dem Englischen klarkommt, der sollte hier dringend ein bisschen schmökern. Etwas früher hatte ich einen Artikel über rote Aggrodecks geschrieben, die ich in verschiedene Budgetklassen eingeteilt hatte. Zum Schluss wäre vielleicht noch mein erster Artikel über Aggrodecks interessant, da ich hier über das Prinzip des Angreifers und des Verteidigers rede.


Wie ich schon in meinem Artikel über rote Aggrodecks schrieb, ist die Manakurve eines Decks entscheidend. Naya-Blitz hat trotz niedriger Manakurve große Probleme mit der Farbvielfalt im Deck. Gelöst wird dies durch Cavern of Souls, welche für beinahe jede Kreatur das passende Mana erzeugen kann, wenn man für die Cavern Humans (Menschen) nennt. Für mehrfarbige Zaubersprüche ist Cavern of Souls jedoch ein Super-GAU. Boros Charm verhungert auf der Hand. Ghor-Clan Rampager, welcher mittlerweile eine der wichtigsten Kreaturen in den Aggrodecks geworden ist, leidet ebenfalls, sodass es keinen Sinn hat, hier mehr als maximal zwei einzubauen. Und Boros Reckoner ist leider auch kein Mensch. Das Deck ist explosiv und schnell, aber nicht besonders widerstandsfähig. Diese Probleme scheinen vielen Naya-Blitz Spielern nun auf den Wecker zu gehen.

Die neueren RG-Aggrodecks bedienen sich eines Tricks und tarnen sich mit ein paarmal Temple Garden als Naya-Aggro, sodass man fälschlicher Weise ab und an Decklisten findet, die mit Naya-Aggro bezeichnet werden. Um an einem Beispiel arbeiten zu können, gebe ich euch einfach mal eine typische Deckliste mit auf den Weg, an der wir erkennen können, warum es eigentlich Gruul (Rot/Grün) ist, was gespielt wird.


10 Mountain
4 Rootbound Crag
4 Stomping Ground
2 Temple Garden

2 Blasphemous Act
3 Electrickery
3 Mark of Mutiny
3 Skullcrack
4 Volcanic Strength


4 Boros Reckoner
4 Burning-Tree Emissary
4 Flinthoof Boar
4 Ghor-Clan Rampager
4 Hellrider
4 Rakdos Cackler
4 Stromkirk Noble
4 Madcap Skills
4 Pillar of Flame
4 Searing Spear


Temple Garden ist hier tatsächlich nichts anderes als ein Tribut an die drei wichtigen Kreaturen Boros Reckoner, Flinthoof Boar und Ghor-Clan Rampager, die einerseits nach drei Gebirgen und/oder Ebenen, andererseits aber auch nach Wäldern verlangen. Viermal Rootbound Crag und viermal Stomping Ground sind nicht genug, um zuverlässig die grünen Kreaturen auszuspielen. Wälder würden allerdings den Reckoner wieder beschneiden. Außerdem gehört es zum guten Ton eines Aggrodecks, im zweiten oder dritten Zug ein grünes und ein rotes Mana offen zu haben, wenn man mit den ersten Kreaturen angreift. Egal ob man Ghor-Clan Rampager nun auf der Hand hat oder nicht, niemand will einen Stromkirk Noble blocken, wenn ein Rampager folgen könnte.


Ich habe mich letztens gefragt, warum ich eigentlich mein Boros-Aggrodeck verworfen hatte. Die Parallelen zwischen den aktuellen Listen und meinem Gebräu von damals sind ja recht deutlich zu erkennen. Der Teufel liegt hier wohl im Detail: Einzig Boros Charm und Frontline Medic fehlen, dafür kommen viermal Ghor-Clan Rampager (und Flinthoof Boar). Der Rampager löst einige Probleme, die mein Boros-Deck noch hatte. Dafür habe ich sogar einen Fachbegriff parat: „Deception“ (deutsch: Verschleierung, Trick). Damit bezeichnet man im Grunde einen Spielstil, bei dem man dem Gegner keine Hinweise gibt, was man auf der Hand hat. Greift man wie oben beschrieben an, gibt es keine guten Blocks. Alles ist eklig. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Gegner Fehler macht, steigt rapide an. Attackiert ein Hellrider und eine einsame Trostani, Selesnya's Voice will verteidigen? Ist der Gegner gewillt den 3/3er zu blocken und zu riskieren, Trostani an einen folgenden Ghor-Clan Rampager zu verlieren? Tendenziell eher nicht! Deception gewinnt uns an dieser Stelle viele Spiele!


Wir sehen an der obigen Deckliste übrigens auch eine Karte, die ihren Weg vom Draft ins Standard geschafft hat. Die guten alten Gatecrash-Drafts gehören zur Vergangenheit und Decks, die im Limited nur 2-Drops sammeln, sind quasi wieder verschwunden. Dennoch bleibt Madcap Skills eine sehr mächtige Karte. Mir persönlich gefällt Firefist Striker anstelle der Aura um einiges besser, aber beides wird gleichermaßen regelmäßig gespielt. Firefist Striker bleibt schlimmstenfalls mal gegen einen Fiend Hunter zu Hause stehen, aber Madcap Skills können gegen Searing Spear oder Abrupt Decay häufig quasi umsonst mit abgeräumt werden. Dafür kann der Striker einen Thragtusk auf die Bank schicken. Aus dem Sideboard wird seltener auch mal Gruul War Chant gespielt. Sicher die langsamere Variante, aber ebenfalls nicht zu verachten.

Aus dem Sideboard kommt hier auch die gefürchtete Kombination von Boros Reckoner und Blasphemous Act. Wie bereits in den anderen Artikeln erwähnt ist das eine wertvolle Ergänzung und sorgt auch, nachdem die Offensive gestoppt wurde, noch für einige Siege. Ebenso ist Mark of Mutiny eine „I WIN“-Karte gegen Mittelstreckendecks, die gegen Firefist Striker ohnehin schon einen Blocker verlieren und sich oft erst bei unter fünf Leben stabilisieren können.


Electrickery ist gleichfalls eine etwas neuere Karte im Sideboard. Zugegeben wurde Electrickery schon im März gespielt, da aber eher von blau-weiß-roter Kontrolle als von Aggrodecks. Es ist gegen Scharen von Manatieren (Reanimator), gegen Invisible Stalker (Bant-Hexproof) und Spielsteindecks (Junk-Tokens und Aristocrats) ziemlich mächtig. Nebenbei ist die Karte manchmal auch vernichtend für Naya-Blitz, während Naya- (RG-) Aggro dagegen recht sicher steht. Da man also mit Electrickery einige aktuell gute Decks auf dem falschen Fuß erwischen kann, ist es eine prima Sideboardkarte.

All das gesagt liegen die Vorteile von Rot-Grün auf der Hand. Bleibt nur noch die Frage nach Boros Charm. Wieso spielt die keiner mehr? Owen Turtenwald hatte empfohlen immer vier dabeizuhaben, wenn man Naya-Blitz spielt! Und wo ist eigentlich der Frontline Medic hin, von dem ich so geschwärmt hatte? Nun, ich glaube, der Medic ist nach wie vor eine super Kreatur, aber eben die einzige, die wirklich weißes Mana benötigt. Boros Charm ist nämlich als Antwort auf die zunehmend ausbleibenden Supreme Verdicts abgetaucht. Sicher ist der Verlust des Charms aufgrund von potenziell zusätzlicher Reichweite (vier Schadenspunkte auf den Gegner oder Doppelschlag) oder Sicherheit (indestructible) schmerzhaft, aber die Konstanz der Manaversorgung für den Rampager ist das allemal wert, da knapp die Hälfte des Feldes aus Reanimator, Jund, Bant oder Aristokraten besteht, die allesamt eher Probleme mit dem Rampager haben. Die Verdicts sind wahrscheinlich deswegen verschwunden, weil die besagten Mittelstreckendecks mit Thragtusk, Voice of Resurgence, Regenerations-, Reanimations- und Unzerstörbarkeitseffekten über Supreme Verdict oft nur nickende Zustimmung äußern, statt zusammenzuschieben. Bleibt also „nur“ RG-Aggro, wo sich das Verdict noch wirklich lohnt. Alles in allem spielt man nun vermehrt Terminus, Bonfire of the Damned und billige Einzelkreaturenzerstörung (Pillar of Flame, Unsummon, Searing Spear, Abrupt Decay, Tragic Slip), um gegen Aggrodecks vorzugehen. Da ist Boros Charm eher störend, weil man eigentlich lieber einen weiteren Mann legen möchte, als irgendwann mal einen zu schützen.

Es liegt nun also auf der Hand, warum RG-Aggro derzeit die Aggrofraktion dominiert. Supreme Verdict hat Stimmen verloren und Ghor-Clan Rampager ist quasi Kanzlerkandidat. Explosiv kann auch RG-Aggro mit zwei oder mehr Burning-Tree Emissarys sein, nur eben nicht so krass wie Naya-Blitz. Das macht nicht so viel aus, denn dafür ist es zuverlässig und legt mit Hellrider oder Reckoner plus Blasphemous Act hintenrum noch mal ordentlich nach. Naya-Blitz ist nach wie vor ein tolles Deck, für größere Turniere empfehle ich derzeit aber dringend RG-Aggro.

Bis zum nächsten Mal wünsche ich schöne FNMs
Henning