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Artikel / Berichte

Turm des Schreckens
Magic Karten Beobachtungsliste 
Michael Diezel
17.08.2012
Wie versprochen gibt es heute endlich mal einen Bericht über mein Abschneiden bei einem Turnier …
Besser gesagt bei zwei Turnieren, da das erste nicht wirklich erfolgreich ausging und ich euch nicht nur von vier Runden mit diesem großartigen Deck berichten wollte.

Und großartig ist es wirklich, immerhin spielt es

mehr Removal,
mehr Titanen,
mehr Planeswalker,
mehr Inseln

und natürlich

mehr Battle of Wits

als jedes andere im Standardformat. Anders als manche Leute bin ich meiner vergleichsweise konservativen zweifarbigen Bauweise treu geblieben und habe folgendes Prachtstück eingetütet:


4 Darkslick Shores
4 Evolving Wilds
4 Ghost Quarter
4 Nephalia Drownyard
4 Drowned Catacomb
40 Swamp
36 Island

4 Vampire Nighthawk
4 Solemn Simulacrum
4 Grave Titan
3 Consecrated Sphinx
4 Snapcaster Mage
4 Augur of Bolas
3 Phantasmal Image
2 Massacre Wurm
1 Wurmcoil Engine


4 Diabolic Tutor
4 Doom Blade
4 Mana Leak
4 Ponder
4 Tragic Slip
4 Black Sun's Zenith
4 Go for the Throat
4 Despise
4 Dismember
4 Forbidden Alchemy
4 Think Twice
4 Tribute to Hunger
4 Divination
4 Negate
4 Sever the Bloodline
4 Thought Scour
4 Mutilate


2 Tamiyo, the Moon Sage
4 Liliana of the Veil
4 Batterskull
4 Nihil Spellbomb
4 Pristine Talisman
4 Battle of Wits
4 Curse of Death's Hold
4 Ratchet Bomb
4 Dead Weight
1 Karn Liberated

Sideboard:

4 Volition Reins
3 Surgical Extraction
4 Duress
4 Distress


Der mechanische Prozess des Eintütens ist dabei mindestens so spannend wie das Deck selbst, gilt es doch zunächst, 243 baugleiche Hüllen zu finden. Die einfachste – aber leider auch kostenintensivste – wäre natürlich in neue zu investieren. Zu teuer für so ein Experiment und deshalb habe ich mir von meinem Teamkollegen Till Riffert einfach eine stabile Pappschachtel mit seiner Sammlung schwarzer Hüllen in die Hand drücken lassen. Diese stammen von mindestens drei verschiedenen Produzenten und verteilen ihre diversen Herstellungsjahre bestimmt auf ein gutes Jahrzehnt, allerdings sieht Schwarz trotzdem immer irgendwie gleich aus und das genügte, um sich ans Werk machen zu können. Eine knappe halbe Stunde später kontrollierte ich dann einen echten Turm, wobei „kontrollieren“ die optimistische Auslegung darstellt. Das Gebilde schwankte ganz schön, blieb aber meist standhaft. Noch ein Argument gegen neue Hüllen.

Zu den 228 plus 15 von mir gewählten Karten habe ich vor nicht allzu langer Zeit einen kompletten Artikel verfasst. Seitdem hat sich nicht wirklich viel geändert, sodass ich mich bei der Analyse auf die wichtigsten Veränderungen beschränken kann.

viermal Mutilate als zusätzliche Massenvernichtung (und damit einhergehend eine Umarbeitung der Manabasis zu mehr Sümpfen)
P
ein paar Änderungen im Bereich der teuren Spielbeender, hauptsächlich aus Mangel an verfügbaren Tamiyo, the Moon Sage, Consecrated Sphinx et cetera
P
Sideboard aus vergleichbaren Gründen verändert, ja geradezu revolutioniert


Zur Sicherheit hier noch einmal kurz das Grundprinzip des Decks:

Man spielt in erster Linie schwarz-blaue Kontrolle.
P
Battle of Wits ist somit nicht mehr als eine nette Ergänzung, die manchmal einfach das Spiel gewinnt. Sozusagen ein Mirakulum. Viel öfter gewinnt man über dicke Jungs, Mädels oder Planeswalker.
P
Schwarz mit all seiner Kreaturenzerstörung ist dabei wichtiger und besser als blaue Gegenzauberei, zum einen da es besser zu gegnerischer Cavern of Souls passt und zum anderen weil es viel mehr anständiges Removal als Gegenzauber gibt.
P
Man gewinnt immer gegen das Mühldeck.

So weit also die Theorie.

Die Praxis beginnt zum lokalen Game Day direkt mit Verzögerung, da der berüchtigte Ilja T. mein Gegner in Runde 1 sein soll. Ilja schafft es tatsächlich, nicht nur 20 Minuten nach Turnierbeginn einzutreffen, sondern das auch noch ohne vollständiges Deck zu tun. Respekt. Immerhin habe ich so mehr als genug Zeit, meinen Turm kräftig zu mischen, wobei mir dabei – wie eigentlich den ganzen Tag – kräftig von anderen gerade unbeschäftigten Spielern assistiert wird.

Dann geht es los und zwar gegen einfarbig grünes Infect:


4 Glistener Elf
4 Ichorclaw Myr

3 Apostle's Blessing
4 Gitaxian Probe
4 Green Sun's Zenith
3 Gut Shot
4 Mutagenic Growth
4 Rancor
2 Ranger's Guile
4 Titanic Growth
4 Wild Defiance


4 Cathedral of War
12 Forest
4 Inkmoth Nexus

Sideboard:

1 Diregraf Escort
4 Dismember
1 Melira, Sylvok Outcast
1 Mental Misstep
4 Spellskite
4 Viridian Corrupter


So würde ich es aktuell bauen, und wie sich jetzt schon mehrfach gezeigt hat, ist das gesamte Konzept durchaus konkurrenzfähig. Hinzu kommt, dass es unverschämt billig und einfach zu spielen ist. Falls ihr also einmal völlig stupide das nächste FNM verhauen wollt, könnt ihr es mit schlechteren Decks probieren. Es ist nämlich zunächst das eindeutig schnellste Standarddeck überhaupt und damit gegen alle „fairen“ Decks weit vorn. Ohne irgendeine möglichst eindrucksvolle Form von Disruption geht man normalerweise einfach unter. Irgendwie ist es obendrein noch ziemlich konstant, sodass man auch nicht darauf vertrauen kann, dass es nur schlechte Infectkreaturen oder nur Pumpsprüche zieht.


Mein eigenes Spiel 1 ist relativ spannend, da ich geschickt zunächst den Münzwurf gewinne, dann Glück habe, dass Ilja keinen Glistener Elf im ersten Zug hat und schließlich direkt mit Liliana of the Veil seinen ersten Mann beantworte. Es folgen ungefähr hundert weitere, die ich mit ebenso viel Removal ins Grab schicke. Wie gesagt, davon spielt das Deck ja auch eine Menge. Trotzdem bekomme ich immer mal einen Punkt Gift ab, und da meine Hand sich langsam aber sicher dem Punkt nähert, wo sie leer ist, sehe ich mich gezwungen, Druck zu machen, um Ilja nicht zu viel Zeit zu geben. Der Plan ist genau dann schlecht, wenn seine beiden Handkarten zwei Pumpsprüche sind und natürlich sind sie es. Spiel 2 ist weniger spektakulär. Diesmal gibt's Glistener Elf und darüber hinaus doppelten Inkmoth Nexus. Damit wurden bis Zug 4 nicht weniger als fünf Infectkreaturen gespielt, die ich lediglich mit Tribute to Hunger oder so beantworten kann. Das reicht leider nicht.


In Runde 2 spiele ich gegen ein interessant aussehendes Artefaktdeck rund um Trading Post. Von solchen gibt es ja mittlerweile eine ganze Menge, ich selbst habe es auch schon mehrfach probiert. Leider sitzt mein Gegner in Spiel 1 auf wenigen Ländern fest, sodass ich ausreichend Zeit habe, mir Battle of Wits per Diabolic Tutor zu suchen und in Spiel 2 gibt es dann einfach das Wunder von oben. Er ist vorn, ich ziehe Battle of Wits und gewinne. Magic kann ja so einfach sein.


Runde 3 und gleich wieder gegen ein Artefaktdeck. Im Vergleich zu meinem Gegner aus Runde 2 versucht dieser jedoch, schneller Eindruck zu machen, und zwar mittels der Karten Tezzeret, Agent of Bolas und Glissa, the Traitor. Der Ansatz ist nicht wirklich neu und leidet ein bisschen daran, dass er deutlich empfindlicher gegenüber Karten wie Ancient Grudge ist. Nichtsdestotrotz ist es ein wirklich spaßiges Deck, was besonders geübteren Kartendrehern ans Herz gelegt werden soll:


4 Birds of Paradise
4 Glissa, the Traitor
3 Phyrexian Metamorph
2 Vault Skirge
1 Wurmcoil Engine

4 Darkslick Shores
8 Forest
4 Hinterland Harbor
4 Swamp
4 Woodland Cemetery


3 Beast Within
2 Dismember
4 Doom Blade
1 Mimic Vat
3 Ratchet Bomb
2 Tezzeret, Agent of Bolas
3 Garruk Relentless
(Garruk, the Veil-Cursed)
4 Sphere of the Suns


Für mich wurde diese Runde auch direkt zum Highlight, was vor allem an folgendem Finish lag: Ich ziehe Battle of Wits – doch leider habe ich bloß noch knapp 190 Karten in der Bibliothek. Völlig wertlos also? Von wegen. Schnell mithilfe der ersten Fähigkeit von Karn Liberated (genau der eine, den ich im Deck habe) entfernt und kurz darauf das Spiel neu gestartet. Kombo!

In der letzten Runde heißt es somit: gewinnen und in die Top 8 einziehen, ich habe also nach dem schlechten Auftakt noch die Möglichkeit an die Spielmatte mit dem grinsenden Nicol Bolas zu kommen. Mein Gegner spielt White Weenie, ein Deck also, das relativ unspektakulär weiße Männer legt, diese mit Honor of the Pure verstärkt und hofft, dass dies ausreicht, um den Gegner zu besiegen, bevor er dem eine Defensive entgegensetzen kann. Ungefähr so sieht das Ganze aus:


4 Champion of the Parish
3 Doomed Traveler
2 Gideon's Lawkeeper
3 Thalia, Guardian of Thraben
4 Grand Abolisher
2 Nearheath Pilgrim
4 Blade Splicer
3 Silverblade Paladin
2 Fiend Hunter
3 Restoration Angel


4 Honor of the Pure
2 Dismember
1 Sword of War and Peace

4 Cathedral of War
3 Cavern of Souls
16 Plains


Im Gegensatz zu meiner Variante enthielt die Version meines Gegners noch Mirran Crusader. Der ist im direkten Vergleich dem Blade Splicer deutlich unterlegen, kann dafür aber auch mal ein Spiel allein gewinnen – zum Beispiel wenn man (wie mein Gegner bei mir) nur auf gezielte schwarze Kreaturenzerstörung trifft.


Das zweite Duell ist deutlich spannender, auch wenn mir das nach meinem Despise auf seinen Crusader im ersten Zug noch nicht klar ist. Zu diesem Zeitpunkt hält er nämlich nichts außer vier Ländern und einen Oblivion Ring. Ich hingegen habe einen Kreaturenvernichter, Carddraw und mit Mutilate sogar einen Notfallplan. Also gewinne ich das Spiel, richtig? Natürlich nicht. Zunächst ziehe ich statt der benötigten Sümpfe (oder wenigstens Länder) gleich zwei weitere Despise. Das ist weder sonderlich wahrscheinlich noch in irgendeiner Form nützlich, weil ich ja weiß, dass mein Gegner ohne Ziele dasitzt. Dann gibt es im dritten Zug offensichtlich den guten Mirran Crusader. Mit etwas Mühe und einer Ratchet Bomb kann ich diesen diesmal sogar entfernen. Den dritten, der direkt folgt, leider nicht mehr, da ich zwar immer noch das Mutilate habe, aber leider ebenso immer noch keine zwei Sümpfe.

An dieser Stelle ist das Turnier für mich zu Ende. Game-Day-Champion wurde Martin Heruth mit folgender Naya-Liste:


4 Copperline Gorge
6 Forest
4 Gavony Township
1 Mountain
1 Plains
4 Razorverge Thicket
2 Sunpetal Grove
1 Rootbound Crag
1 Cavern of Souls

2 Birthing Pod
2 Bonfire of the Damned


4 Avacyn's Pilgrim
3 Huntmaster of the Fells
(Ravager of the Fells)
4 Birds of Paradise
4 Blade Splicer
2 Borderland Ranger
1 Zealous Conscripts
3 Restoration Angel
1 Wolfir Silverheart
3 Thalia, Guardian of Thraben
3 Elvish Visionary
1 Wurmcoil Engine
1 Elesh Norn, Grand Cenobite
2 Mikaeus, the Lunarch


Hier erkennt man gut, dass auch ein paar fehlende Karten zur perfekten Liste (in diesem Fall Thragtusk und mehr Cavern of Souls) niemanden abhalten sollten, ein Turnier zu gewinnen.

Für mich selbst bedeutet dies, ein andermal erneut mein Glück herauszufordern. Die Gelegenheit ergibt sich schon wenige Tage später beim legendären Leipziger FNM, welches durchaus mit ziemlich guten Spielern aufwarten kann. Ein solcher erwartet mich auch direkt in Runde 1 in Form von Till Riffert, der annähernd monoblaue Zauberer spielt. Die modernste Inkarnation dieses Decks hat in den Händen von Oli Rausch gerade einen PTQ gewonnen. Insofern kann man mit Sicherheit von einem Härtetest sprechen.


Der Plan dagegen ist eigentlich relativ einfach: alles kaputt machen. Da diese Decks an relevanten Bedrohungen nur ein paar Exemplare von Talrand, Sky Summoner, Runechanter's Pike und natürlich viermal Delver of Secrets enthalten, hat mein Deck mit seiner dreistelligen Removalanzahl dafür durchaus das richtige Rüstzeug. Und tatsächlich gelingt es mir in Spiel 1, einfach jeden Mann abzuarbeiten, wobei es natürlich hilfreich ist, dass Till geschickt mit Thought Scour je einen Talrand und eine Pike selbst entfernt. Am Ende gewinne ich das Spiel, ohne auch nur eine Siegoption gezeigt zu haben. Seine Bibliothek wurde schlichtweg aufgebraucht, während meine noch knapp 180 Karten in Reserve hatte. Im zweiten Duell sieht es ganz ähnlich aus, nur besitzt er diesmal ein paar Bedrohungen mehr und ich ziehe weniger Removal. Glücklicherweise ist eine der gezogenen Nicht-Removal-Karten Battle of Wits, welchen ich durch ein Mana Leak hindurch auf den Tisch bekomme, wo er einfach gewinnt.


In Runde 2 muss ich direkt wieder gegen die kleinen blauen Männern mit den vielen Zaubern ran, diesmal jedoch unterstützt von Weiß. Das ist für meinen gigantischen Haufen in vielerlei Hinsicht problematischer. Zunächst gibt es mit Geist of Saint Traft eine Karte wie Mirran Crusader, die sehr spezielle Antworten verlangt. Diese habe ich zwar prinzipiell (quantitativ sogar reichhaltig), muss sie aber zeitnah finden. Hinzu kommt mit Moorland Haunt ein unangenehmes Land, durch das der Plan, einfach alles zu zerstören, massiv erschwert wird. Ein Spiel kann ich trotzdem gewinnen, wenn ich mich richtig erinnere, mit einer Kombination aus Grave Titan und Batterskull, die beiden anderen Spiele leider nicht. Eins verliere ich gegen den unbeantworteten Geist, das andere gegen meine eigene Starthand. Man nimmt mit dem Deck nämlich nicht gern Mulligans, nicht nur aus spieltechnischen Gründen, sondern auch weil das Mischen so eine Tortur ist …

Das zeigt sich auch in Runde 3 gegen die Game-Day-Siegerliste, wo ich ebenfalls ein Spiel verliere, als meine Starthand zumindest grenzwertig ist. Das verdeutlicht allerdings letztendlich bloß die Varianz, mit der man nun einmal leben muss, wenn man statt 60 fette 228 Karten spielt. Prinzipiell hat man nämlich alles, was man braucht um jedes Deck des Formats zu schlagen. Leider auf Kosten der entgegengesetzten Möglichkeit, auch immer einen Teil zu ziehen, mit dem man keinen Blumentopf gewinnt. Das ist einer der Gründe, warum ich noch davor zurückschrecke, das Gebilde auf ein größeres Turnier zu tragen. Ein weiterer liegt in der Misch-Problematik. Bei einem FNM oder Game Day kann man davon ausgehen, dass alle anderen den Spaß verstehen und statt sich zu beschweren, lieber beim Mischen helfen. Das ist aber leider keine Selbstverständlichkeit, vor allem nicht, wenn es auf einmal mehr zu gewinnen gibt als eine Spielematte. Ein dritter Grund ist die Deckliste. Mein Drucker ist momentan kaputt und so müsste ich diese von Hand schreiben. Freude. Nur noch zu überbieten durch diejenige, die der Schiedsrichter empfinden müsste, wenn er das Deck auf Korrektheit überprüfen wollte …

Wie gesagt, all das wird Battle of Wits wohl von den wichtigeren Turnieren fernhalten, für Veranstaltungen wie ein FNM jedoch wird man kaum etwas Unterhaltsameres finden. Neben den ganzen logistischen Problemen kommt man nämlich in den Genuss unheimlicher Abwechslung, da sich nahezu jedes Spiel anders spielt. Dadurch hat man sogar noch den Vorteil gegen die Trainingsweltmeister, die ansonsten jede Kombination aus verschiedenen Decks schon hunderttausend Mal durchexerziert haben. Selbst die wissen nämlich nicht, was alles aus dem Haufen herausspringt und müssen entsprechend instinktiv spielen und auch sideboarden.

Insofern kann ich euch nur empfehlen, das einfach mal auszuprobieren – natürlich nur, wenn euer Budget das zulässt, denn eins ist ebenso klar. Mehr Karten wird man kaum für ein anderes Deck auftreiben müssen. Deshalb werden wir uns dann in zwei Wochen auch einen entsprechenden Gegenentwurf ansehen, ein Deck also, welches ungefähr so viel wert ist wie die Hüllen eines Battle of Wits-Decks.

Bis dahin
Der MiDi