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Artikel / Berichte

2012
Magic Karten Beobachtungsliste 
Michael Diezel
19.07.2012
Die Welt wird in diesem Jahr untergehen. Das wussten schon die Maya.
Neu hingegen dürfte auch ihnen sein, dass ihr dafür verantwortlich seid, denn wie heißt es so schön auf der Karte, um die wir heute ein Deck bauen, mit dem ihr beim nächsten FNM für Angst und Schrecken sorgen könnt: „Selbst der kleinste Funke kann eine Welt in Brand setzen.“ Bescheiden.

Alle, die jetzt noch nicht wissen, worum es geht – hier das Prachtstück in voller Blüte:


Nachdem die Apokalypse vor etlichen Jahren lediglich sämtliche bleibende Karten ins Exil schickte, ist der Weltenbrand gründlicher. Schlachtfeld, Hand und Friedhof werden auf null gesetzt, Lebenspunkte auf eins. Das nenne ich mal einen Effekt. So etwas hat natürlich seinen Preis, in diesem Fall in Form von happigen neun Mana. Um einmal deutlich zu machen, wie viel neun Mana so sind, hier eine kurze Aufzählung bisheriger 9-Mana-Karten, die ernsthaft gespielt wurden: Dragonstorm, … und … Liste fertig.

Klar gibt es noch ein paar andere, doch da wurde fast immer geschummelt, sei es durch alternative Kosten oder Reanimationssprüche. Dragonstorm selbst gab es hauptsächlich als Kombodeck mit knapp zweihundert Ritualeffekten, also Sprüchen, die einmalig das Mana erhöhen. Heutzutage leben wir dagegen in harten Zeiten. Premiumbeschleuniger wie Rite of Flame gibt es schon lange nicht mehr – und wird es wohl so schnell auch nicht wieder geben. Wir müssen uns also etwas anderes einfallen lassen, wenn wir nicht bis zum Tag des Jüngsten Gerichts warten wollen, um endlich unsere neun Mana zusammenzubekommen.

Es bieten sich zwei Möglichkeiten:

1)

grüne Beschleunigung wie Llanowarelfen oder aber auch Rampant Growth
2)
Artefaktmana der Marke Pristine Talisman oder Solemn Simulacrum

Ausschließen können wir hier recht schnell die kleinen Manatierchen, da diese mindestens zwei entscheidende Nachteile bieten: Sie kombinieren nicht sonderlich gut mit Worldfire und fallen an allem um. Letzteres ist gefährlich, da schließlich die (meisten) Gegner ein Wörtchen mitreden und wir wollen ja nicht, dass unser schöner Plan von einem schöden Shock zunichte gemacht wird.

Bevor wir uns jetzt entscheiden, ob wir trotzdem grüne Hilfe in Form von Rampant Growth und Co. in Anspruch nehmen, überlegen wir zunächst, womit wir unsere mächtige Hexerei eigentlich kombinieren wollen. Denn wenn wir ehrlich sind, macht sie allein ja nichts anderes, als uns in eine besondere Form von Sudden Death zu versetzen, wo der erste Schadenspunkt gewinnt. Das mag witzig und vor allem nervenaufreibend klingen, ist aber wahrscheinlich nur zu 50% auch erfolgversprechend. Diese Zahl wollen wir steigern, wenn möglich massiv. Da Worldfire wirklich gründlich saubermacht, verlieren wir die meisten der üblichen Ansatzpunkte. Eine Möglichkeit bleibt jedoch, wie uns ein kurzer Blick in die FAQ zu den M13-Karten verrät:

Diese Effekte passieren in der genannten Reihenfolge. Dazwischen werden keine ausgelösten Fähigkeiten verrechnet und kein Spieler kann Zaubersprüche wirken oder Fähigkeiten aktivieren. […] Fähigkeiten, die ausgelöst werden, wenn etwas das Spiel verlässt, werden erst auf den Stapel gelegt, wenn der Weltbrand vollständig verrechnet wurde.

Das klingt mal kompliziert, bedeutet aber nichts anderes, als dass erst Tisch, Hand und Friedhof exiliert werden und dann geschaut wird, ob irgendeine der so entfernten Karten dadurch etwas auslöst. In der Praxis betrifft das kaum eine Handvoll, die wichtigste dürfte diese hier sein:


Nimmt man jetzt im Laufe des Duells eine Karte mit dem Ring aus dem Spiel, sagen wir einen Serra Engel, und spiet dann Worldfire, wird Oblivion Ring wie alles andere ins Exil geschickt. Erst wenn alles dort angekommen ist, erkennt das Spiel, dass der Engel nicht länger in Vergessenheit ist und bringt ihn ins Spiel zurück, wo er recht zügig den noch verbliebenen Lebenspunkt schaffen sollte. Insofern dürfte es eine vielversprechende Taktik sein, die eigenen Karten einzusaugen.

Wem das zu viel Arbeit ist, dem sei dieser junge Herr vorgestellt:


Captain Thrag hier ist nicht ohne Grund in den letzten Tagen zur begehrtesten nicht-mythischen Karte von M13 aufgestiegen. Die Kombination seiner Fähigkeiten macht ihn sowohl gegen schnelle Kreaturen- und Direktschadendecks als auch gegen Kontrollstrategien mit Karten wie Day of Judgment oder Mutilate superstark. Noch besser ist das Biest in Kombination mit Worldfire. Einfach hinlegen und den Funken entzünden, der den Brand entfacht. Übrig bleibt nichts … abgesehen von einem 3/3-Spielstein. Good Game.

Die letzte Karte, mit der ich den Weltenbrand gern starten möchte, ist Venser, the Sojourner.


Mythisch rare Planeswalker sind oft schier unmöglich zu bekommen, Venser bildet zum Glück eine Ausnahme. Seine Fähigkeiten reduzieren ihn auf sehr spezielle Decks – wie dieses hier. In solchen Strategien ist er dann aber eine absolute Schlüsselkarte, wie ich anhand der folgenden Szenarien kurz darstellen möchte:

Bevor man den Weltenbrand wirkt, noch schnell eine Karte vom eigenen Schlachtfeld aus dem Spiel nehmen. Anders als der gesamte Rest wird diese dann am Ende des Zugs aus ihrem Exil ins Spiel zurückgebracht, wo sie direkt für den finalen Schadenspunkt sorgen kann.
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Weitere Effekte, die dann ausgelöst werden, wenn eine Karte das Spiel betritt, können dank Vensers erster Fähigkeit immer wieder genutzt werden. Simpelstes Beispiel ist der gerade angesprochene Thragtusk, mit dem man Zug für Zug fünf Lebenspunkte und 3/3er erhalten kann.
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Auch mit Oblivion Ring lässt sich tricksen. So verwendet man diesen ja normalerweise zum Quasi-Kaputtmachen feindlicher Sachen. Dies funktioniert bekanntlich nicht so gut mit Worldfire, weil der Gegner dann all seine derart entfernten Karten wiederbekäme. Venser hilft dem Ring in solchen Situationen ein neues, möglichst eigenes Ziel zu finden. Etwas einfacher gestaltet sich die Situation, wenn der Gegner eine bedrohlichere Karte ausspielt als die bisher unter dem Ring gefangene. Kurz den Ring mit Venser angezielt und somit aufgewertet.
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Den vielleicht besten Trick mit Oblivion Ring und Venser kann man immer dann anbringen, wenn man eine gegnerische legendäre Karte (zum Beispiel eine der fünf Kreaturen aus M13 oder jeglichen Planeswalker) vorrübergehend ins Exil geschickt hat und der Gegner ein weiteres Exemplar davon ausspielt. In diesem Fall wird Venser auf den eigenen Ring angewendet, sodass die Karte ins Spiel zurückkommt und dort ihrem Zwilling begegnet, ein Anblick, den beide nicht überleben. Kommt der Ring schließlich am Ende des Zugs aus dem Exil zurück, kann man in aller Ruhe ein neues Ziel wählen.
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Wie sich das für einen Planeswalker gehört, kann auch Venser ein Spiel ganz allein gewinnen. Maßgeblich daran beteiligt dürfte dann sein Ultimate sein, das man schon nach dreimaligem „Aufladen“ zünden kann. Mit diesem Emblem dürfte es dann nicht ganz einfach sein, das Spiel noch zu verlieren …

Wir haben jetzt also den Motor unseres Decks in Form der Kombination von Worldfire plus Oblivion Ring, Thragtusk und Venser, the Sojourner. Damit das Ganze wirklich ins Rollen kommt, benötigen wir nun noch den Sprit, sprich Beschleunigung, um überhaupt auf neun Mana zu kommen und eine Karosserie. Diese sorgt dafür, dass wir in der Zwischenzeit nicht so viel Schaden bekommen. Magic ist ja ein Spiel, bei dem im Normalfall beide Spieler einen Plan verfolgen. Gewinnen wird dann nicht der, dessen Plan funktioniert, sondern derjenige, dessen Plan schneller gelingt. Nun zielen wir auf eine 9-Mana-Hexerei, die wir nur bedingt beschleunigen können. Das jedoch dürfte im Normalfall nicht ausreichen. Ein guter Gradmesser ist folgender Test: Ein imaginärer Gegner spielt jeden Zug ein Land und eine Kreatur ohne Fähigkeiten, die immer die Stärke der aktuellen Länder besitzt und ab dem folgenden Zug angreift. Ohne Gegenwehr passiert dann Folgendes:

1. Zug: 1/1
2. Zug: 1/1 & 2/2
3. Zug: 1/1, 2/2 & 3/3
4. Zug: 1/1, 2/2, 3/3 & 4/4
5. Zug: 1/1, 2/2, 3/3, 4/4 & 5/5

– kein Angriff, 20 Leben
– Angriff für 1, 19 Leben
– Angriff für 3, 16 Leben
– Angriff für 6, 10 Leben
– Angriff für 10, 0 Leben

Und das gezeigte Beispiel ist noch relativ harmlos und mit einfachen Mitteln zu erreichen. Trotzdem ist es mit einem Kill in Zug 5 vergleichsweise schnell – schneller auf jeden Fall als unser Plan. Insofern benötigen wir also Gegenmaßnahmen für die Pläne der verschiedenen Gegner. Kreaturenschaden ist dabei mit Abstand das Wichtigste und so werden wir uns zunächst damit beschäftigen.

In unserer Farbkombination (alles außer Schwarz ) gibt es diverse Möglichkeiten, sich eines Ansturms zu erwehren. Angefangen bei typischen roten Brandsprüchen wie Pillar of Flame über weiße Pacifism-Effekte geht es bis zur globalen Massenvernichtung. Diese besitzt immer den Vorteil, dass sie einfach alles kaputtmacht, was den Druck (zumindest vorübergehend) sehr stark mindert und gleichzeitig Kartenvorteil generiert. Nehmen wir als Beispiel unseren einfallslosen Gegner hier. In Zug 4 greift er für sechs an und hat dann vier Kreaturen mit Gesamtstärke von zehn auf dem Tisch. Das hat ihn nicht weniger als acht seiner Handkarten gekostet. Gehen wir davon aus, dass er das Spiel begonnen hat, bedeutet das, er hält noch genau zwei Handkarten (zum Beispiel Land und 5/5-Kreatur). Wenn wir bis zu diesem Zeitpunkt nichts spielen und erst in unserem Zug Day of Judgment wirken, so besteht unsere Hand noch immer aus sechs Karten. Ab diesem Zeitpunkt können wir also problemlos jede Kreatur des Gegners eins zu eins beantworten – zumindest theoretisch – und haben immer noch zahlreiche Karten übrig, mit denen wir das Spiel gewinnen können. Das ganze Beispiel ist natürlich extrem einfach gehalten, aber ich denke, ihr wisst, worauf ich hinaus will.


Eine solch lukrative Massenvernichtung kommt natürlich zu einem Preis. So kostet Day of Judgment als effektivster Vertreter ordentliche vier Mana und ist darüber hinaus eine symmetrische Karte, bedeutet, sie betrifft auch die eigenen Kreaturen. Eine solche Symmetrie kann man brechen, indem man einfach keine Kreaturen spielt oder zumindest einen anderweitigen Vorteil aus ihnen zieht. Ein typischer Vertreter ist hier wieder Thragtusk. Wenn ich diesen wirke, gibt es direkt fünf Lebenspunkte (erster Effekt), möglicherweise sorgt Thragtusk dann dafür, dass der Gegner nicht mehr sinnvoll angreifen kann (zweiter Effekt), ja vermutlich muss er sogar noch mehr Kreaturen aufs Schlachtfeld schicken (dritter Effekt), die schließlich bei unserem Day of Judgment mit umfallen, und übrig bleibt der 3/3-Spielstein (vierter Effekt). Ähnlich – wenn auch nicht ganz so beeindruckend – funktioniert das mit Solemn Simulacrum. Dieser unauffällige Artefaktmann bringt uns darüber hinaus näher an die benötigten neun Mana und ist damit unbedingt erwünscht.

Damit sind wir wieder fast am Anfang und damit bei der Frage, wie wir noch dafür sorgen, dass wir neun Mana erreichen. Das Erhabene Scheinbild ist ein guter Anfang, muss aber weiter unterstützt werden. Die beiden Optionen für Manabeschleunigung findet ihr oben. Ich habe mich letzten Endes gegen die grünen Sprüche und für das Artefaktmana entschieden. Zum einen arbeiten die meisten dieser deutlich besser mit Venser zusammen als so ein Rampant Growth und zum anderen gibt uns das die Möglichkeit, noch eine weitere spaßige M13-Karte einzubauen:


Damit kann man wirklich schön rumspielen und gut ist es auch noch. Besonders übrigens mit den Urquellen, Mycosynth und Ichor Wellspring. Diese wiederum verlangen noch nach Phyrexia's Core, welchen man – trotz der Vierfarbigkeit – problemlos ins Deck bekommt. Artefakte, Beschleunigung, Opfermöglichkeiten für Metall … Das klingt zudem wie die optimale Umgebung für Spine of Ish Sah, was wie auch die Wellsprings natürlich ebenfalls mit Venser synergiert.

Das fertige Deck:


4 Evolving Wilds
4 Mountain
6 Plains
3 Phyrexia's Core
4 Clifftop Retreat
1 Forest
1 Island

3 Day of Judgment
2 Trading Post
3 Ichor Wellspring
2 Worldfire
3 Oblivion Ring
1 Spine of Ish Sah
3 Mycosynth Wellspring
3 Pristine Talisman
4 Venser, the Sojourner
3 Whipflare
3 Sphere of the Suns


4 Solemn Simulacrum
3 Thragtusk

Sideboard:

1 Whipflare
4 Stonehorn Dignitary
3 Autumn's Veil
3 Zealous Conscripts
4 Pillar of Flame


Witzig, oder? Ein paar Fragen bleiben trotzdem noch zu beantworten. Ich hoffe, ich habe sie erraten:

Sind 23 Länder genug?

Normalerweise nicht. Ich meine, wir wollen schließlich neun Mana erreichen. Auf der anderen Seite gibt es mindestens 14 Artefakte, die mehr oder weniger auch als Manaquellen zu zählen sind, wodurch sich das alles wieder relativiert.

Warum spielt man nur je einen Wald und eine Insel?

Ganz ähnliche Begründung. Mit Solemn Simulacrum, Mycosynth Wellspring oder auch Evolving Wilds kommt man eigentlich problemlos an genau das benötigte Land, ohne jemals zu viel davon zu ziehen.

Nur zweimal Worldfire? Ich dachte, das Deck basiert darauf?

Tut es ja auch, allerdings kostet das Ding halt neun Mana. Habe ich schon mal erwähnt, ich weiß. Das bedeutet, es dauert eine ganze Weile, bis wir so weit sind und dann reicht eine Kopie wirklich aus. Nie, nie, nie will man zwei davon sehen. Hinzu kommt, dass man deutlich schneller durchs Deck kommt, weil man zahlreiche Karten spielt, die Extrakarten ziehen oder zumindest Länder heraussuchen.

Was machen die ganzen Exemplare von Stonehorn Dignitary im Sideboard?

Hoffentlich manchen Gegner kaputt. Die Idee dahinter ist, dass viele Leute nach dem ersten Spiel ihre Kreaturenzerstörer drastisch reduzieren werden, da wir ja kaum Ziele bieten. Wenn sie dann noch auf Kreaturenangriffe vertrauen, kann die Kombination aus Dignitary plus Venser sie komplett zerstören.

Aber wenn das so toll ist, warum stecken sie dann im Sideboard?

Das waren soeben mindestens zwei „Wenns“ (wenn der Gegner wenig Removal spielt und wenn er angreifen muss, um Schaden zu machen), die in Spiel 1 wohl nur auf wenige Decks zutreffen. Insofern bevorzuge ich den Überraschungseffekt.

Wie erklären sich die anderen Karten im Sideboard?

Nun, eigentlich fast von allein. Whipflare, Pillar und die schon angesprochenen Dignitaries sind eher für Gegner gedacht, die auf schnelle Kreaturen vertrauen, während Autumn's Veil sich um die gefürchtete Kontermagie kümmern soll. Glaubt mir, nichts ist deprimierender, als wenn man die mühsam gesammelten neun Länder tappt und Worldfire wirkt, bloß um zuzusehen, wie der Gegner zwei (zwei!) bezahlt, um Mana Leak zu zaubern. Zealous Conscripts zu guter Letzt helfen gegen die richtig dicken Monster, aber insbesondere auch gegen sämtliche Planeswalker, mit denen man ansonsten durchaus Probleme hat.

Das ist ja alles schön und gut, aber wie soll ich jemals an all diese Karten kommen?

Na ja, richtig wertvoll ist ja nur der Thragtusk, mit dem man aber unter Garantie noch länger Freude haben wird. Die Vensers bekommt man in der Regel recht gut und alle anderen Karten haben ja keinen sonderlich hohen Tauschwert. Insgesamt sicher kein wahnsinniges Schnäppchen, aber immer noch vergleichsweise billig – insbesondere für den Spaß, der damit garantiert sein dürfte.

Meine Freunde haben mich ausgelacht, als ich ihnen erzählte, dass ich ein Worldfire-Deck bauen werde …

Wer zuletzt lacht und so beziehungsweise: „Selbst der kleinste Funke kann eine Welt in Brand setzen.“

In diesem Sinne, möge der Funke überspringen!
Der MiDi