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Artikel / Berichte

My Worst Nightmare
Magic Karten Beobachtungsliste 
Michael Diezel
12.06.2014
Euer Gegner tappt acht Mana – was sind eure schlimmsten Befürchtungen?
a)
Borborygmos Enraged
b)
Sphinx's Revelation für fünf
c)
Boulderfall
d)
nix davon

Richtig ist natürlich Antwort d, denn die schlimmsten Befürchtungen sind nun einmal die Schlimmsten Befürchtungen!


Man kennt es ja vom Mindslaver: Einmal den Zug des Gegners zu kontrollieren, ist nicht nur äußerst befriedigend (für einen selbst) und superfrustrierend (für den Gegner), sondern auch meist ein sicheres Rezept, um das Spiel zu gewinnen. Da dem so ist, sind diese Effekte auch eher teuer ausgespreist. Man könnte auch sagen, nahezu unbezahlbar. Dieses „nahezu“ ist es, dem wir uns heute zuwenden wollen. So schwer kann das ja nicht sein …


Die aktuelle Variante von Mana Flare war mein erster Gedanke. Ich meine, das Ding am Ende des gegnerischen Zuges gespielt und die Schlimmsten Befürchtungen werden garantiert wahr. Die Symmetrie hinter dem Dictate ist dabei oft genug sogar von Vorteil, weil man mit all dem Gegnermana erst die richtig beeindruckenden Stunts abziehen kann, ihr wisst schon, die, von denen man sich in den Rauchpausen erzählt.

In der Praxis klappt das leider viel weniger, als man denkt. Zum einen muss man erst einmal beide Karten zusammen ziehen. Dann darf der Gegner sich nicht einmischen, wobei Thoughtseize oder Dissolve schon eher zu den häufig gespielten Karten der bekannteren Turnierdecks gehören. Schließlich gibt es auch langweilige Gegner, die es trotz aller Anstrengungen nicht schaffen, sich selbst zu vernichten, etwa weil sie nur mit Kreaturen arbeiten, die nichts anderes machen, als anzugreifen. Dann greifen sie unter Worst Fears eben mal nicht oder nur reichlich ungeschickt an, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass unsere 2-Karten-13-Mana-Kombo keinen größeren Effekt hatte als die 1-Mana-1-Karten-Kombo Fog.

Bei der Aufzählung der Probleme kommt hinzu, dass sowohl Dictate of Karametra als auch Worst Fears unglaublich schlechte Einzelkarten sind. Beide machen meist nichts. Worst Fears, weil man sie einfach nicht wirken kann, und das Gebot kann sogar kontraproduktiv sein. Natürlich gibt es hier die Möglichkeit, einfach weiter wahllos dicke Sprüche ins Deck zu werfen und damit neben der Kombo Dictate of Karametra/Worst Fears auch noch Dictate of Karametra/Skarrg Goliath oder gar Dictate of Karametra/Worldspine Wurm ins Rennen zu schicken. Das machte zwar tatsächlich den Sinn hinter dem Gebot deutlicher erkennbar, gleichzeitig begäbe man sich aber auch in eine noch viel stärkere Abhängigkeit, die ausschließlich von ausgewiesenen Kombodecks ertragen werden kann.

Momentan sind wir im Standard noch ein gutes Stück von einem solchen Monstrum entfernt, auch wenn es neben Dictate of Karametra mit Karten wie Urban Evolution schon potenziell gefährliche Partner gibt. Uns soll für den Augenblick die Erkenntnis reichen, dass wir kein Dictate of Karametra spielen wollen. Fertig.

Mein zweiter Ansatz stolperte bei der Suche nach günstigen Manarampen über dieses Ding hier links und die Botaniker unter uns erkennen sofort die Verwandschaft zu der Karte rechts daneben.


Recht flott landete ich dann bei dieser Deckliste:


4 Elvish Mystic
3 Sylvan Caryatid
4 Voyaging Satyr
4 Burning-Tree Emissary
4 Courser of Kruphix
4 Eidolon of Blossoms
4 Polukranos, World Eater
4 Boon Satyr
3 Nylea, God of the Hunt


4 Garruk, Caller of Beasts
1 Worst Fears

4 Nykthos, Shrine to Nyx
4 Temple of Malady
13 Forest


Leider war ein gewisser Japaner namens Tomoharu Saito schneller mit dem Posten und Bauen, und auch wenn ich im Einzelkartenfall noch kleine Veränderungen ausprobiert habe (etwa die angesprochene Mana Bloom), war das Endergebnis nicht relevant anders genug, um einen kompletten Artikel zu generieren. Immerhin kann ich den Ansatz aufgrund seiner Entertainment-Qualitäten uneingeschränkt empfehlen. Wenn das Deck halbwegs ins Rollen kommt, macht es einfach unglaublich viele lustige Sachen – bevor es dann am Stormbreath Dragon des Gegners umfällt.

Die für heute spannendste Variante eines Decks mit Worst Fears greift schließlich auf den mit Abstand unspektakulärsten Rampspell zurück, nämlich auf Peregrination.


Peregrination sieht zunächst wie eine absolute Enttäuschung aus. Nicht ansatzweise die Explosivität von Dictate of Karametra oder völlig absurden Manamassen von Nykthos, Shrine to Nyx. Stattdessen ein kleiner Sprung von vier auf sechs Mana und ein bisschen Hellsicht. Was jedoch für die Wanderschaft spricht, ist in erster Linie die Solidität. Komplett unabhängig vom Gegner wird der Sprung auf sechs Mana geschafft. Gleichzeitig dünnt man die Bibliothek aus, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit mit zunehmender Spieldauer erhöht, irgendwann einmal das entscheidende Land weniger zu ziehen. Nicht zu vergessen Hellsicht, die vielleicht effektivste Eigenschaft auf einem Zusatzmana kreierenden Spruch überhaupt, da man so näher an die Karten herankommt, die dann tatsächlich etwas mit den ganzen Ländern anfangen können. Und da reden wir noch nicht einmal von Synergien mit Courser of Kruphix.

Ein weiterer Vorteil von Peregrination liegt darin, dass nichts zurückbleibt. Keine Verzauberung und schon gar keine Kreatur. Selbst wenn der Gegner Planar Cleansing spielt, behalten wir unser Mana. Das klappt sogar so gut, dass ich mir das noch weiter zunutze machen will und endlich einer Karte ein Zuhause bieten kann, von der ich ehrlich gesagt ein wenig mehr Auftritte erwartet hatte:


Letzte Woche hatte ich erklärt, warum Planar Cleansing gerade eine gute Karte ist. Die gleichen Argumente gelten auch für Gaze of Granite, allerdings in flexibler Form. Gegen den aggressiven Gegner mit Kleinvieh zum Beispiel wirkt man den Granitblick schon mal für weniger als sechs Mana und auch gegen das Schlachtfeld aus dreimal Detention Sphere freut man sich, wenn die Verzauberungen alle in den Friedhof gelegt werden, der eigene Polukranos aber am Leben bleibt.

Einen Nachteil gibt es dann doch und zwar den, dass die beiden aktuell vermutlich besten grünen Karten leider (billige) Kreaturen sind und als solche Kollateralschaden abbekommen. Die Rede ist natürlich vom Duo des Grauens, das wohl noch mehr als ein Jahr das Standardformat bestimmen wird:


Beide zusammen führen quasi automatisch zu einem Deck der guten Karten – wir bilden ja keine Ausnahme! –, die man am besten dadurch besiegt, dass man einfach noch tollere Karten legt. Womit wir wieder bei der Ausgangsfrage und den Schlimmsten Befürchtungen wären. Das ist nämlich jetzt unser Plan: Wir spielen einfach ein gutes grünes Deck mit den bekannten schwarzen Karten, um den Gegner in seiner Entwicklung zu behindern:


Doch statt superguter mittelgroßer Kreaturen haben wir ein bisschen Manabeschleunigung und ein deutlich ausufernderes Late Game, in dem das Midgame des Gegners schlicht ignoriert wird. Plus das schon angesprochene Großreinemachen in Form von Gaze of Granite.


4 Swamp
8 Forest
4 Mutavault
4 Overgrown Tomb
4 Temple of Malady
1 Temple of Abandon

4 Polukranos, World Eater
4 Sylvan Caryatid
4 Courser of Kruphix
3 Sylvan Primordial


2 Primeval Bounty
2 Worst Fears
3 Hero's Downfall
4 Thoughtseize
4 Peregrination
3 Gaze of Granite
2 Read the Bones


Das ist die gierige Variante, die an großen Sprüchen noch Sylvan Primordial und Primeval Bounty verwendet. Glaubt mir, ich habe durchaus weitere dicke Sprüche ausprobiert, aber am Ende sind das meines Erachtens die beiden besten, da sie gegen nahezu jedes Deck einen beachtlichen Einfluss aufs Spielgeschehen haben. Wenn wir nämlich große Zeitspannen des frühen Spiels damit zubringen, nichts anderes zu tun, als zu überleben und Länder ins Spiel zu bringen, sollte der erste Zauberspruch, der dann ernsthaft gewirkt wird doch auch bitteschön den Gegner einigermaßen vor Probleme stellen.

Polukranos, der olle Weltenverschlinger, war in letzter Zeit ja auch eher unterrepräsentiert, weil er ziemlich oft nichts anderes darstellt als den Random Klotz, der genauso an Ultimate Price umfällt wie ein Manaelf. Und da zahlreiche Decks im Moment durchaus gut bestückt mit Vernichtungszaubern ins Turniergeschehen gehen, lohnt sich die Hydra meist nicht. All diese Nachteile und Probleme gelten übrigens auch für dieses Deck. Dass wir trotzdem viermal Polukranos ins Deck holen, liegt ganz einfach daran, dass so ziemlich jede andere Karte des Decks darauf ausgerichtet ist, die entsprechenden removallastigen Feinde zu schlagen. Im Gegenzug wird es gern mal eng gegen die wirklich aggressiven Feinde und da ist der Weltenverschlinger offensichtlich eine Ansage. Ganz nebenbei ist er als 5/5 für vier auch nie wirklich „terribad“, wie mein geschätzter, aber leider etwas in Vergessenheit geratener Kollege MartenJ das gewählt auszudrücken vermochte. Manchmal, aber nur manchmal klatscht man die Hydra dann im dritten Zug auf den Tisch, der Gegner findet zufällig vier Züge lang keine Antwort und wir können zum Sideboarden übergehen …

Dort angekommen müssen wir uns wie so oft zunächst überlegen …

1)
… was der Plan des Gegners ist.
2)
… wie unser Plan dagegen aussieht.
3)
… was wir entsprechend ziehen wollen und was nicht.

In der Praxis ist das offensichtlich viel schwieriger und in der Komplexität der Einzelkomponenten nur schwer in Worte zu fassen. Schon gar nicht von mir, zumindest nicht mit diesem Artikel. Für ein paar Faustregeln reicht es aber doch:

a)

Gegen wirklich schnelle Kreaturendecks besteht unser Plan darin, zu überleben und dann mit überlegener Kartenqualität zu gewinnen. Unsere besten Karten sind Gaze of Granite sowie die Kreaturen minus Sylvan Primordial. Schlecht ist … nahezu der gesamte Rest, angefangen beim 8-Mana-Nebel über diverse Sachen, die eigene Lebenspunkte angreifen, bis hin zu einfach ineffektiven Sprüchen wie Peregrination. Im Austausch für all den Quatsch braucht es in erster Linie Kreaturenzerstörung, am besten in Form von Massenvernichtung. Letzteres ist kein Muss; billig zu sein, hingegen schon: Golgari Charm, Drown in Sorrow, Abrupt Decay oder Doom Blade wären Klassiker. Hinzu kommen vermutlich lebenspunktebejahende Karten wie Nylea's Disciple. Diese sind auch gut, wenn es gegen …

b)

… Branddecks geht, also gegen aggressive Decks, die die eigenen Lebenspunkte direkt angreifen. Kreaturenvernichtung ist hier nicht so stark, da – wie der Name schon subtil suggeriert – mehr mit Feuerzaubern denn mit Männern gearbeitet wird. Stattdessen empfehle ich Duress, ja selbst für Mind Rot muss man sich nicht schämen.

c)

Für das Matchup gegen mittelschnelle Decks mit viel Zerstörungssprüchen und guten Karten ist unser Deck ja quasi gebaut, entsprechend punktuell können die Sideboardveränderungen ausfallen. Dabei sind die Gegnerdecks nur schwer zusammenzufassen, je nach Farbe und Beschaffenheit kann es hier Polukranos, Gaze of Granite oder auch mal Thoughtseize an den Kragen gehen.

d)

Gegen langsame Decks, meist auf Basis der verhassten blauen (Bäh!) Karten und der fiesen Gegenzauberei, bekommt man Schwierigkeiten, weil die Dichte an eigenen Bedrohungen … nun ja, überschaubar ist. Zum Glück sind Counterspells aktuell schlichtweg furchtbar und so müssen die Kontrollmagier verstärkt auf Vernichtung umsteigen. Diese wiederum kommt sehr oft in Form von Detention Sphere daher, welche wiederum ein Spitzenopfer für den Granitblick abgibt. Überhaupt zeichnet sich unser Konstrukt dadurch aus, dass es vergleichsweise wenige total tote Karten anschleppt. Am ehesten vielleicht noch die Karyatiden, die im Normalfall so nebenbei mit umfallen und daher ausgeboardet werden. Hinein kommen stattdessen Duress sowie Bedrohungskarten wie Vraska the Unseen oder Mistcutter Hydra, die auch gegen c-Decks interessant erscheinen.

So, ich hoffe, ich konnte euch ein wenig Lust machen, mal wieder richtig fette Sprüche zu zwirbeln. Für die sadistischeren Bedürfnisse gibt es ja zudem nichts Befriedigenderes, als den Gegner sich mit seinen eigenen Sachen zerstören zu lassen.

In diesem Sinne, möget ihr die schlimmsten Befürchtungen eurer Gegner möglichst oft wahr werden lassen!

Der MiDi